Das Deutsche Historische Museum hat Cuncti unter dem Hashtag #DHMDemokratie zu einer Blogparade eingeladen. Das Thema: Was bedeutet mir Demokratie?

Meinungsfreiheit ist ein zentraler Bestandteil der Demokratie. Ohne Meinungsfreiheit gibt es keine Demokratie und umgekehrt: Ohne Demokratie gibt es keine Meinungsfreiheit. Einschränkungen der Meinungsfreiheit können der Demokratie nur schaden. Der Begriff „Hate Speech“ wird oft dazu benutzt, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Unter dem Vorwand von „Hate Speech“ werden in den sozialen Medien posts und accounts gelöscht. Jede kritische oder kontrovers vorgetragene Meinung kann als „Hate Speech“ eingestuft und in den sozialen Medien gelöscht werden. Doch was bedeutet Hate Speech? Wie lassen sich Äußerungen als Hass-Äußerungen identifizieren?

Hate Speech heißt auf Deutsch Hass-Rede oder Hass-Äußerung. Hass ist ein Gefühl, das sich hinter Äußerungen verbergen kann. Eine Äußerung kann also an sich keine Hass-Äußerung sein, sondern sie kann das Gefühl des Hasses zum Ausdruck bringen. In anderen Worten: Hass wohnt der Sprache nicht inne.

Um festzustellen, ob Äußerungen Hass zugrunde liegt, müssten wir in die Seelen von Menschen hineinschauen können, was im Alltag eine Sache der Unmöglichkeit ist, außer eine Person gibt offen zu, dass sie mit einer Äußerung Hass verbindet. Wir sind höchstens in der Lage, hinter bestimmten Äußerungen Hassgefühle zu vermuten. Alleine durch psychologische Tests kann festgestellt werden, ob Personen Hassgefühle hegen und sie in Äußerungen kundtun, wie auch immer in der Psychologie Hass definiert und gemessen wird.

Es gibt auf der einen Seite sehr viele Äußerungen, die wie „Hass-Äußerungen“ aussehen, hinter denen sich jedoch keine Hassgefühle verbergen, beispielsweise Äußerungen, mit denen man andere Menschen provozieren, an sie appellieren bzw. bei ihnen ein bestimmtes Verhalten hervorrufen möchte.

Nehmen wir z.B. die Äußerung „Du bist nichts wert“. Hinter dieser Äußerung muss kein Hass liegen. Sie kann dazu dienen, das Verhalten derjenigen Person, an die die Äußerung gerichtet ist, zu ändern, sie zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen.

Auch Äußerungen, die in politischen Kontexten gemacht werden, wie „Die Deutschen sind Nazis“, „Die Franzosen sind Rassisten“ oder „Die Moslems sind integrationsunfähig“, müssen nicht von Hass geleitet sein. Sie können ebenfalls dazu dienen, an die genannten Gruppen zu appellieren, ihr Verhalten zu ändern.

Auf der anderen Seite gibt es Äußerungen, die auf den ersten Blick nicht wie „Hass-Äußerungen“ aussehen, hinter denen sich jedoch Hassgefühle verstecken können. Nehmen wir ironische Äußerungen, mit denen man andere Menschen verletzen, ihnen „eins auswischen“ möchte, weil man ihnen gegenüber Hass empfindet. Jeder kennt solche Äußerungen, womit sich die Angabe von Beispielen erübrigt.

Und wie verhält es sich mit satirischen Äußerungen? Wie könnte man feststellen, ob solchen Äußerungen Hassgefühle zugrunde liegen? Man kann es nicht feststellen, außer die Person, die solche Äußerungen macht, ausdrücklich zugibt, dass sie mit ihnen Hass zum Ausdruck bringen möchte.

Es ist höchst problematisch, von Hate Speech zu sprechen. Noch problematischer ist es, den Begriff Hate Speech dazu zu benutzen, Menschen zu diskreditieren, sie mundtot zu machen, die Meinungsfreiheit und somit die Demokratie einzuschränken.

Darüber hinaus ist es nicht die Aufgabe des Gesetzgebers, über die Gefühle von Menschen, sei es über Hass, Liebe, Trauer oder Schuld, zu urteilen. Der Staat darf sich nicht in die Gefühlswelt von Bürgern einmischen. Deshalb ist das 2017 eingeführte Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das die sozialen Netzwerke dazu zwingt, „Hate Speech“ zu entfernen, abzulehnen.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist für die Demokratie zu kostbar, um unter dem Vorwand von Hate Speech eingeschränkt zu werden. Meinungsfreiheit ist ein unveräußerliches und universales Gut, so der Schriftsteller Salman Rushdie in einer Rede auf der Frankfurter Buchmesse 2015. "Ohne Meinungsfreiheit gibt es keine anderen Rechte", hebte er hervor. Über alles andere könne man gerne diskutieren, über die Meinungsfreiheit nicht.

Literatur: Alexander Ulfig, Wege aus der Beliebigkeit, Baden-Baden 2016.

 

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